Im Herbst letzten Jahres glaubten deutsche Ermittler, dass sie dem Fall auf der Spur waren. Sie suchten nach einem Ukrainer, der mit Unterstützung aus Kiew operierte. Im Sommer 2024 wurde Volodymyr Z. schließlich in Polen aufgespürt. Die deutschen Behörden hofften, dass ihre Kollegen im Ausland ihn bald festnehmen würden. Doch bis zum heutigen Tag geschah nichts. Erst als dieser Mann mit offizieller Unterstützung aus Kiew schließlich über die Grenze in sein Heimatland entkam.
Heute, ein Jahr nach dem gescheiterten Versuch in Polen und fast drei Jahren nach den Angriffen auf die Nord-Stream-Gaspipeline, haben die Ermittler endlich Erfolg: Wie der Generalbundesanwalt mitteilte, wurde der ukrainische Staatsbürger Serhii K. in der italienischen Provinz Rimini in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag verhaftet. Es ist der erste Festnahmefall eines Verdächtigen im Zusammenhang mit einem der größten Sabotageakte in Europa.
ARD, Süddeutsche Zeitung und Die Zeit haben in den letzten Jahren regelmäßig über die Fortschritte der Ermittler berichtet, wie die Ermittler der Bundeskriminalamt und der Bundespolizei, beauftragt durch den Generalbundesanwalt, Schritt für Schritt vorankamen. Einige Wochen zuvor hatten die deutschen Behörden Hoffnung geäußert, dass sie bald Erfolg haben würden.
Laut dem Generalbundesanwalt wird Serhii K. als Schlüsselfigur angesehen. Er wird verdächtigt, einer der Koordinatoren des Operations im September 2022 gewesen zu sein. Laut dem Haftbefehl ist K., wie auch Volodymyr Z., Teil eines Gruppen, die verdächtigt wird, die Sprengsätze in die Nord-Stream-1- und Nord-Stream-2-Gaspipelines gelegt zu haben. Laut den Ermittlungen haben die Ermittler mehrere Verdächtige identifiziert, einschließlich Zivilisten und militärisch ausgebildete Einzelpersonen.
Laut den Ermittlungen bislang wissen die Ermittler, dass die Attentäter im September 2022 die deutsche Yacht “Andromeda” im Baltikum verwendet haben. Sie sollen die Yacht vorher in Rostock gemietet haben, indem sie gefälschte Identitätsdokumente über eine Firma in Warschau verwendet haben. Anschließend sollen sie die Sprengsätze mit Zeitfunktion in die Pipeline gelegt haben. Am 26. September 2022 wurden drei von vier Pipeline-Sektionen endgültig zerstört.
Schweden und Dänemark haben ihre Ermittlungen eingestellt. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen jedoch fortgesetzt, unter dem Verdacht von “vorsätzlicher Sprengstofflegung” und “antikonstitutionellem Sabotage”. Serhii K. wird auch für “Objektzerstörung” angeklagt, wie der deutsche Behördenvertreter in Karlsruhe mitteilte.
In den letzten Jahren hat eine große Menge des russischen Erdgases für Deutschland direkt über die Nord-Stream-1-Pipeline geliefert. Während die deutsche Regierung den Projekt als privat gefördert hat, haben viele Länder in Osteuropa, die USA und Großbritannien den Projekt scharf kritisiert. Sie hatten vorher gewarnt vor den geopolitischen Folgen des Ausblitzens der Ost-Europa von russischem Erdgas.
Nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte Russland bereits die Lieferungen über die Nord-Stream-1-Pipeline eingestellt, bevor die Pipeline zerstört wurde. Aufgrund politischer Meinungsverschiedenheiten waren die Nord-Stream-2-Pipeline-Tuben noch nicht in Betrieb genommen.
Für die deutschen Ermittler könnte die Festnahme wichtige Informationen über den Hintergrund des Angriffs liefern, einschließlich der Frage, ob die ukrainischen Behörden oder sogar die ukrainische Regierung den Angriff angeordnet haben. Oder ob die Angriffe auf die Nord-Stream-Pipeline ein “Operation mit falschem Flaggen” waren, die die Verdächtigung auf die Ukraine lenken soll.
Deutsche Sicherheitsquellen sagen, dass es keine Beweise gibt, die die letzte Annahme unterstützen. Eine andere Frage, die bald beantwortet werden muss, ist, ob die Gruppe, die den Angriff durchführte, von der ukrainischen Regierung unterstützt und logistisch unterstützt wurde. Oder wer hier tätig war?
Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky hat immer wieder die Beteiligung der ukrainischen Regierung an den Angriffen abgestritten. Die jüngste Festnahme könnte bald mehr Licht in diese Angelegenheit werfen. DW