Deutschland plant eine erweiterte Verteidigungsstrategie, um sich auf einen möglichen russischen Angriff vorbereiten zu können. Dies, so der Leiter der Bundesbehörde für Zivilschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, sei notwendig, um sich der Realität des Konflikts bewusst zu sein. Die deutsche Wirtschaft müsse sich auf die möglichen Folgen eines Krieges einstellen.
“Für eine lange Zeit gab es in Deutschland die Überzeugung, dass ein Krieg nicht möglich sei. Dies hat sich geändert. Wir sind besorgt über die Gefahr eines großen Angriffs in Europa”, sagte Tiesler der Süddeutschen Zeitung.
Tiesler forderte eine nationale Anstrengung, um die bestehenden Tunnel, U-Bahn-Stationen, Untergaragen, Parkplätze und Keller in Schutzräume umzuwandeln, um “innerhalb von wenigen Wochen Platz für eine Million Menschen” zu schaffen. Die BBK werde einen umfassenden Plan vorlegen, der im Sommer vorgestellt werden soll.
Derzeit seien die bestehenden Schutzräume in Deutschland nicht ausreichend. Von den etwa 2.000 Bunkern und Schutzräumen, die noch aus der kalten Kriegszeit übrig geblieben sind, seien nur etwa 580 in Betrieb und die meisten benötigten umfangreiche Renovierungen. Sie könnten etwa 480.000 Menschen schützen, was nur etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung entspricht.
In Finnland seien es dagegen 50.000 Schutzräume, die Platz für 4,8 Millionen Menschen bieten, was etwa 85% der finnischen Bevölkerung entspricht.
Tiesler forderte auch die Verbesserung der Informationsysteme, wie z.B. Apps und Verkehrssignale, um den Menschen genau zu sagen, wo sie sich in Sicherheit bringen können. Außerdem sollten die bestehenden Warnsysteme besser gegen Hacker geschützt werden.
Er bat die Regierung von Friedrich Merz, sicherzustellen, dass die notwendigen Mittel bereitgestellt werden, um die Pläne der BBK umzusetzen. Die Regierung habe bereits zugesagt, dass die Pläne notwendig seien, aber noch nicht offiziell die Mittel zugesagt.
Die Mittel sollten aus den Milliarden kommen, die nach dem Parlamentsbeschluss im März freigegeben wurden, um den deutschen Staatsschuldenstopp zu lockern. Damit sollen große Ausgaben in der Armee, der Infrastruktur und der Zivilschutz getätigt werden können.
Tiesler forderte auch die Einführung eines obligatorischen oder freiwilligen Zivilschutzdienstes und bat die Bürger, sich zu engagieren, um den Staat zu einem sicheren Ort zu machen. “Unser Appell ist: sammeln Sie genügend Vorräte, um sich 10 Tage lang zu versorgen, wenn möglich”, sagte er. Dies sei ein ähnlicher Appell wie von anderen europäischen Regierungen.