Automobilversicherungen in der Schweiz: Diskriminierung aufgrund der Nationalität?
Fakt ist, dass junge Ausländer, insbesondere Bürger aus bestimmten Ländern, erheblich mehr für die Versicherung ihres Fahrzeugs in der Schweiz bezahlen müssen.
Laut dem Online-Vergleichsportal Comparis, das die Kluft zwischen den Prämien für Schweizer und ausländische Fahrer analysiert, zahlen Fahrer aus Kosovo, Nordmazedonien und Türkei bis zu 74 Prozent mehr als Schweizer, wie The Local berichtet. Dies wird von den Versicherungsgesellschaften damit gerechtfertigt, dass sie auf Statistiken basieren. Bei der Ermittlung der Prämien werden Kriterien wie Alter, Führerscheingeschichte, Fahrzeugtyp und – natürlich – auch die Nationalität berücksichtigt.
Alle diese Faktoren wirken sich auf die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls aus und die Daten zeigen, dass einige Ausländer in mehr Unfälle verwickelt sind als andere, wie die Versicherungsgesellschaften argumentieren.
Aber ist dies rechtens?
Es scheint diskriminierend, wie ein Rechtsexperte von der Automobilorganisation TCS in den Medien zitiert wurde. Doch diese Praxis ist vollkommen rechtens.
Wenn man dies mit dem Prinzip der “Wirtschaftsfreiheit” kombiniert, das in der Schweizer Verfassung verankert ist und den privaten Unternehmen (aber nicht den öffentlichen) erlaubt, ihre Prämien frei zu bestimmen, dann ist dies auch erlaubt.
“Bei der Versicherung von Fahrzeugen wird neben Geschlecht, Alter und Wohnort auch die Nationalität berücksichtigt”, betont der Experte. “Das ist erlaubt, wenn der Versicherer objektiv begründen kann, warum er diese Kriterien verwendet.”
Beispielsweise kann die Versicherungsgesellschaft Statistiken über Unfälle anführen, um zu erklären, warum Fahrer einer bestimmten Nationalität höhere Prämien zahlen müssen als ihre Schweizer oder andere ausländische Kollegen.
Was bedeutet dies in Zahlen?
Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Prämienbetrag von 1.912 Franken pro Jahr für einen Schweizer Fahrer zahlen Fahrer aus Kosovo 3.178 Franken, aus Nordmazedonien 3.169 Franken und aus der Türkei 3.127 Franken.
Das ist viel höher als die Normen für Fahrer aus dem EU-Land, die von 2.304 Franken für Portugiesen bis 1.910 Franken für Deutsche reichen.
Trotzdem gibt es keine rechtliche Grundlage für diskriminierende Praktiken, die auf unverantwortlichen, abusiven oder willkürlichen Gründen basieren, wie der Rechtsexperte betont.
Welche Regeln sollten die Versicherungsgesellschaften beachten?
Die Bundesbehörde für Justiz hat Regeln für das Kriterium der Nationalität festgelegt, einschließlich:
* Versicherungsgesellschaften dürfen keine Personen aufgrund ihrer Nationalität ausschließen. Wenn sie die Nationalität als Bewertungskriterium verwenden, müssen sie es für alle Policenhalter anwenden, nicht nur für Ausländer.
* Sie müssen klare Statistiken über ihre Bewertungskriterien führen.
* Der Faktor “Nationalität” darf nur auf der Grundlage faktischer Überlegungen verwendet werden, die mit dem Risiko zusammenhängen.
* Sie müssen regelmäßig ihre Kriterien anpassen, wenn neue Daten über das Risiko vorliegen.
Erwartet man, dass sich die Versicherungsgesellschaften ändern?
Die Versicherungsgesellschaften haben diese Prämienmodelle über eine lange Zeit verwendet, aber laut einem neuen Vorschlag, der jetzt dem Parlament vorgelegt wird, sollen die Prämien nicht mehr auf der Nationalität, dem Alter oder dem Geschlecht der Fahrer basieren.
Dies würde die Schweiz in Einklang mit den bereits geltenden Regeln im Europäischen Wirtschaftsraum bringen.
Gibt es auch andere Versicherungsgesellschaften, die diese Praktiken anwenden?
Ja, solange sie privat sind, können sie es.
Die Versicherungsgesellschaften für Gesundheitsversicherung, Familienpolitik, Haftpflicht und andere private Versicherungen sind frei, die Kriterien der Nationalität auf der gleichen Grundlage (objektiv begründet) anzuwenden wie die Versicherungsgesellschaften für Fahrzeuge, obwohl es keinen Hinweis darauf gibt, dass sie dies tun.
Der einzige bemerkenswerte Ausnahmefall ist die obligatorische Gesundheitsversicherung (KVG/LaMal), die von privaten Versicherungsgesellschaften angeboten wird, aber streng von der Regierung reguliert wird.
Die einzigen Faktoren, die die Prämien von KVG/LaMal bestimmen, sind Alter, Wohnort, jährliche Abzüge und spezifischer Gesundheitsversicherungsplan.