Für zweite Mal seit der Machtübernahme der radikalen Taliban im August 2021 deportiert Deutschland Bürger Afghanistans in ihr Heimatland zurück. Am Morgen des gestrigen Tages startete ein Flugzeug mit 81 Männern an Bord vom Leipziger Flughafen direkt nach Kabul. Rund sechs Stunden später landete das Flugzeug in der afghanischen Hauptstadt.
Laut dem Bundesministerium des Innern handelt es sich um “afghanische Männer, die gezwungen sind, das Land zu verlassen” und sind wegen “schwerer und schwerer Verbrechen” verurteilt. Der Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte in der Sendung “Morgenmagazin” der ARD, dass es einen “legitimen Interesse der Bürger” gebe, solche Deportationen durchzuführen.
Der Rückflug wurde, wie auch der letzte im August 2024, mit Unterstützung Katar unterstützt.
Katar vermittelt bei den Rückkehrflügen
Die Kontakte mit den Taliban wurden ausschließlich auf einem “technischen Niveau” über eine Verbindung in Katar geführt. Der Außenminister Johann Wadephul (CDU) betonte kürzlich, dass der islamistische Regime international isoliert sei wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und dass Deutschland es nicht als eine legitime Regierung anerkenne.
Der Bundesinnenminister Dobrindt will diese Situation ändern. Im Juli sagte er der Zeitschrift Focus, dass er eine direkte Vereinbarung mit Afghanistan über Rückkehrflüge erreichen wolle, da eine Lösung über eine dritte Partei nicht dauerhaft sein könne.
Organisationen für Menschenrechte für Flüchtlinge und die UNO werfen diese Pläne zurück. Die Bedingungen auf dem Boden seien noch nicht geeignet für Rückkehrflüge, sagte Arafat Jamal, der UNHCR-Vertreter in Kabul, in Antwort auf die Aussagen von Dobrindt. Die Sprecherin der UNO-Menschenrechtskommission, Ravina Shamdasani, hob hervor, dass die Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan weiterhin bestünden, wie etwa Hinrichtungen und die Unterdrückung von Frauen.
Auch deutsche Menschenrechtsorganisationen äußerten ihre Besorgnis. Pro Asyl bezeichnete die Deportation als “offensichtliche Verletzung des Völkerrechts”. Die Sprecherin Judith Wiebke betonte, dass die Taliban brutale körperliche Bestrafungen für die Verletzung ihrer moralischen Standards anwenden. Julia Duchrow von Amnesty International erklärte, dass außergerichtliche Hinrichtungen und Folter in Afghanistan alltäglich seien. “Menschenrechte sind für alle oder für niemanden”.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter warnte in der Sendung “Morgenmagazin” der ARD vor einem “massiven Rückgang des islamistischen Terrorismus” wegen der Rückkehrflüge. Laut Hofreiter regieren “islamistische Terroristen” Afghanistan.
Tausende Afghanen gezwungen, das Land zu verlassen
Laut den aktuellen Zahlen der deutschen Regierung leben in Deutschland etwa 446.000 Afghanen. 11.423 von ihnen sind gezwungen, das Land zu verlassen, 9.602 haben eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung und 1.821 sind ohne Aufenthaltsgenehmigung. Die vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigungen werden erteilt, wenn der Rückkehrflug vorübergehend ausgesetzt ist, zum Beispiel wegen Mängeln in den Reisedokumenten, Krankheit oder Fortsetzung eines Trainings.
Bevor der Machtwechsel in Kabul, deportierte Deutschland regelmäßig Flüge in das Heimatland. Im Juli 2021 wurde der letzte Flug durchgeführt, der 40. kollektive Deportationsflug seit 2016. Bis dahin waren insgesamt 1.104 Männer rückgekehrt.