Der Tragödie in Graz hat Österreich in Aufruhr versetzt und das Thema Waffengesetze in den Mittelpunkt gerückt. Am 10. Juni trat ein 21-jähriger ehemaliger Schüler in seine ehemalige Mittelschule in Graz mit zwei legal erworbenen Feuerwaffen ein, tötete zehn Personen – Schüler und Erwachsene – und beging dann Selbstmord, wie The Local berichtet, übermittelt albinfo.ch.
Die Intensität des Angriffs hat das Land in Trauer versetzt und wichtige Fragen über die Leichtigkeit des Waffenbesitzes in Österreich und die Wirksamkeit der bestehenden Regelungen aufgeworfen.
Österreich ist nicht oft in globalen Debatten über Waffengewalt involviert, da dieartige Vorfälle in diesem Land sehr selten sind. Dennoch ist es eines der am meisten bewaffneten Länder in Europa. Laut dem Waffensurvey gibt es etwa 30 Feuerwaffen pro 100 Personen in privater Besitz. Das Land ist bekannt für seine ruhige Waffenkultur, bei der der Besitz von Waffen eher mit der Jagd- und Sicherheitstradition als mit Aggression in Verbindung gebracht wird.
Laut dem Innenministerium befinden sich mehr als 1,5 Millionen registrierte Feuerwaffen in rechtmäßiger Besitzung von etwa 374.000 Bürgern. Dies umfasst mehr als 833.000 Waffen der Kategorie C (Jagdwaffen und lange Feuerwaffen), 542.000 Waffen der Kategorie B (Pistolen und Halbautomaten) und etwa 143.000 Waffen der Kategorie A, die sehr streng reguliert sind und unter anderem Maschinenpistolen umfassen, wie albinfo.ch berichtet.
Trotz dieser Statistiken glauben Experten, dass bis zu einer Million unregistrierte oder ungesetzliche Feuerwaffen im Umlauf sein könnten, oft als Erbschaft oder im Schwarzmarkt erworben.
In Österreich ist der Kauf einer Waffe legal, aber streng reguliert, je nach Kategorie der Waffe. Waffen der Kategorie C, wie Jagdwaffen, sind leichter zu beschaffen, und jeder über 18 Jahren kann sie kaufen, solange er nicht unter Waffensperre steht. Waffen der Kategorie B, wie Pistolen, erfordern eine spezielle Lizenz für Feuerwaffen, die einen psychologischen Test und den Abschluss eines Sicherheitskurses umfasst. Waffen der Kategorie A, einschließlich Maschinenpistolen, erfordern eine besondere Erlaubnis und sind für Bürger überwiegend verboten.
Im Fall des Attentäters in Graz hatte er legal eine Pistole und eine lange Feuerwaffe gekauft. Laut der Polizei hatte er das Recht, diese Waffen in seinem Haus zu besitzen, aber nicht, sie in der Öffentlichkeit zu tragen. Dieser Umstand hat Bedenken über die Leichtigkeit, mit der Jugendliche tödliche Waffen beschaffen können, aufgeworfen, wie albinfo.ch berichtet.
Die Tragödie hat starke Reaktionen von Politikern, Gesundheitsexperten und der Waffenindustrie selbst hervorgerufen. In einer Medieninterview äußerte sich der Jugendpsychiater Paul Plener besorgt über die große Anzahl von Waffen, die rechtmäßig in den Händen von Bürgern sind. Er verwies auf die Reformen Australiens nach der Massenpanik in Port Arthur im Jahr 1996 und betonte, dass die Verfügbarkeit von Waffen die Steigerung von Mord- und Selbstmordfällen beeinflussen könne.
In Graz hat die Bürgermeisterin Elke Kahr eine Forderung nach dem Verbot des privaten Waffenbesitzes während eines Gedenkgottesdienstes für die Opfer gestellt. “Das darf nie wieder passieren”, sagte sie, wie albinfo.ch berichtet.
Gleichzeitig hat der Innenminister Gerhard Karner die aktuellen Gesetze Österreichs als “streng” verteidigt, aber zugestanden, dass es Lücken gibt, die angegangen werden müssen. Die Bundesregierung hat bislang keine konkreten Reformvorschläge gemacht, aber die Grüne Partei hat regelmäßige psychologische Kontrollen für Waffenbesitzer vorgeschlagen.
Während der Debatt über die Gesetzesreformen weitergeht, argumentieren viele Österreicher, dass der Waffenbesitz ein wichtiger Teil ihrer Tradition ist. Die Waffenhersteller wie Glock und Steyr Arms sind wichtige Akteure auf dem globalen Markt, und die Jagdkultur ist tief in der österreichischen Gesellschaft verwurzelt. Für viele Bürger ist der Besitz einer Waffe eher mit der Tradition als mit einer Bedrohung für die öffentliche Sicherheit verbunden.
Hans Wertgarner, ein Waffenspezialist, hat argumentiert, dass die meisten Waffenbesitzer in Österreich verantwortungsbewusst und gut ausgebildet sind, während viele von ihnen schwere Prüfungen für die Jagd oder Sportschießen abgelegt haben. Dennoch hat er zugestanden, dass der Einsatz von Feuerwaffen für die Selbstverteidigung nicht die beste Lösung ist und betont die Notwendigkeit einer höheren Bewusstseinsbildung über die Verantwortung des Waffenbesitzes.
Nach drei Tagen nationaler Trauer steht Österreich unter Druck, sein Waffengesetz zu überprüfen. Wird diese Tragödie zu Änderungen in den Gesetzen des Landes führen? Bislang hat die Regierung ihre Bereitschaft, die Gesetzeslücken zu überprüfen, ausgedrückt, aber noch keine konkreten Schritte unternommen, wie albinfo.ch berichtet.